Länge des Arbeitszeugnisses - Wie lang darf / sollte ein Arbeitszeugnis sein?
Für einfache Positionen oder Ausbildungszeugnisse rechnen wir mit ca. 1 DinA4 Seite, für anspuchsvollere Positionen mit ca. 1 1/2 und für Führungskräftezeugnisse oder Arbeitszeugnisse für langjährige Mitarbeiter mit unterschiedlichen Funktionen im Unternehmen mit bis zu 3 DinA4 Seiten. Ein wesentlich kürzeres Arbeitszeugnis interpretieren Personalverantwortliche als Unzufriedenheit des Unternehmens mit dem Arbeitnehmer, seine Unwichtigkeit und/oder die Unlust des ausstellenden Unternehmens zur Zeugnisausfertigung.
Fehlende Beurteilungskriterien können im Beurteilungsschlüssel ein Hinweis auf eine nicht zufriedenstellende Leistung des Arbeitnehmers in diesem Bereich sein. Wenn beispielsweise in einem Zeugnis für einen Guppenleiter keinerlei Informationen über das Führungsverhalten zu finden sind, ist das ein Grund aufzumerken. Das selbe gilt für Kassiererinnen, in deren Zeugnis kein Wort über “Ehrlichkeit” oder “Vertrauenswürdigkeit” steht oder für Designer, denen keine “Kreativität” oder “Innovationskraft” bestätigt wird. Wir interpretieren “beredtes Schweigen” im Arbeitszeugnis eindeutig als Mangel der erforderlichen Schlüsselqualifikation.
Bitte vergleichen Sie unter: Arbeitszeugnis erstellen - Formulierungen und Formulierungshilfen . Sie erhalten hier einen Überblick über die häufigsten Verfahrensweisen bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen.
Die letzten 2- 3, und ganz besonders das Arbeitszeugnis des vorangegangen Arbeitgebers sind von besonderer Bedeutung im allgemeinen Beurteilungsschlüssel.
Decken sich der Aufgabenbereich und die Verantwortungsbreite mit den Angaben im Lebenslauf oder gibt es bedeutende Differenzen? Wie ist die allgemeine Benotung, fällt etwas Besonderes ins Auge oder fehlen wichtige Angaben?
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Intention des Zeugnis ausstellenden Unternehmens zu erkennen. Sicherlich hat ein individuelles, aussagestarkes Zeugnis mehr Gewicht und ist wertvoller zu interpretieren als ein Standardzeugnis (mit mehr oder weniger fantasielosen Formulierungen.)
Viele Arbeitszeugnisse - vor allen Dingen in kleineren Unternehmen - werden von Vorgesetzten oder dem Geschäftsführer selbst verfasst. In Unkenntnis der Benotungs-Systematik werden die Zeugnisse oft eine volle Note unter der beabsichtigten Beurteilung ausgestellt. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung habe ich festgestellt, dass nur sehr selten wirklich “schlechte” Zeugnisse erstellt werden sollten. In der Regel möchte das Unternehmen das Arbeitszeugnis so realistisch wie möglich, ohne Übertreibungen oder Überbewertungen verfassen. Oft sind die üblichen Vorgehensweisen unbekannt, ein Beurteilungsschlüssel ist oft nur rudimentär vorhanden und stammt meist aus (veralteten) standardisierten Zeugniselementen.
Dieses Vorgehen kann zu Missverständnissen führen, da in einem Arbeitszeugnis - abweichend von einem Schulzeugnis - ein “gut” immer als ein “stets gut oder “sehr gut” beschrieben wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, hat sich diese Methode seit vielen Jahren etabliert. In der Gesamtbeurteilung, die beinahe jedem bekannt sein dürfte, erkennen und interpretieren wir am ehesten die beabsichtigte Bewertung der Leistung:
Ein Mitarbeiter, der “stets zur vollsten Zufriedenheit” gearbeitet hat, hat sicherlich auch sehr sinnvolle Beiträge geleistet und einen überdurchschnittlichen Arbeitserfolg erzielt. Auch wenn die Arbeitsergebnisse mit ”erledigte die ihm übertragenen Aufgaben gut und termingerecht” beschrieben werden (eine Formulierung, die für sich gesehen, im besten Fall mit einer 3 bewertet werden dürfte).
Die Gesamtbeurteilung gibt uns einen starken Hinweis zur Gesamt-Interpretation des Arbeitszeugnisses.
Wenn allerdings nur die Gesamtbewertung positiv und alle anderen Beurteilungskriterien eher durchschnittlich ausfallen, sollte man vorsichtig werden. Hier könnte sich im Beurteilungsschlüssel eine gut getarnte Information über eine leistungsschwache Performance verbergen.